Anmerkungen zur Prozessfähigkeit
11. Mai 2022 | Matthias Storch | 3 min. | PDF-Version
Geht man davon aus, dass eine Wertschöpfungskette nur so gut sein kann wie ihr schwächstes Glied, dann ist eine Konsequenz daraus, ein einheitliches Bewertungsprinzip zu nutzen, welches Teile der Prozesskette vergleichbar macht. Hier kommt die Prozessfähigkeit ins Spiel.
Prozesse vergleichbar machen
Es handelt sich dabei um das Sigma-Niveau. Es gibt an, wie viele Gutanteile in der Untersuchung vorhanden sind. Null Sigma entspricht der Aussage, dass 50 % der Werte innerhalb der Anforderungen liegen. Ein Wert von sechs Sigma steht langfristig für 99,99966 % Gutanteile. Kennt man diesen Anteil, lässt sich auch ableiten, wie hoch der Fehleranteil ist.
Umgekehrt funktioniert das ebenfalls: Ist eine Fehlerrate bekannt, lässt sich das zugehörige Sigma-Niveau ableiten. Wichtig bei der Ermittlung ist, auf der Berechnungsebene die mathematischen Regeln einzuhalten.
Das Sigma-Niveau
Übrigens, Taiichi Ohno stufte Kanban als zweitbestes Materialsteuerungssystem ein. Seiner Meinung nach war die vollständige Synchronisierung der Prozesse bzw. der Prozessschritte im Wertstrom die beste Materialsteuerungsmethode. Denn, wenn alles vollständig taktsynchron ist, wird kein Zwischenlager benötigt. Der Umlaufbestand ergibt sich dann aus der Anzahl der Schritte + 1.
Ohno erkannte schnell, dass das Prinzip nur in der Theorie vollständig funktioniert. In der Praxis existieren auch Prozessschritte, die nicht zu synchronisieren sind. Dann ergeben sich zwingend Materialpuffer, die es mit Kanban zu reglementieren gilt. Auch muss in der Praxis über Produktionsrisiken nachgedacht werden, welche die oben genannte, theoretische Perlenkette stören können. Solche Risiken können im Kanban-Prinzip ebenfalls berücksichtigt werden, um Abrisse und Stillstände zu vermeiden. Das bedeutet allerdings, dass die Umlaufbestände in aller Regel erhöht werden müssen.
Nutzung des Sigma-Niveaus
Wie kann nun das Sigma-Niveau genutzt werden? Auf operativer Ebene wird das Sigma-Niveau als Verbesserungsziel im Optimierungsprojekt ausgegeben. Ein solches SIX SIGMA Projekt nutzt dann einen vorgegebenen Weg zur schrittweisen Optimierung.
Auf Managementebene wiederum dient das Sigma-Niveau zur Einschätzung der Situation in der Fabrik. Es kann z. B. die Gesamtleistung in Form des Sigma-Niveaus ausgegeben werden. Damit sind mehrere Aussagen möglich:
■ Der mittlere Anteil der Kosten schlechter Qualität zum Beispiel. Diese Kosten ermitteln sich aus der Umkehrfunktion der Qualität.
■ Ebenfalls kann die eigene Position zum Wettbewerb eingestuft werden. Sowohl was die Produktpositionierung im Markt angeht – Stichwort DESIGN FOR SIX SIGMA – als auch die Qualitätssituation.
Prozesskosten deutlich reduzieren
Die Prozessfähigkeit liefert demnach wichtige Informationen auf der Entscheider-Ebene. Pauschal darf angenommen werden, dass mit Erhöhung des Sigma-Niveaus um ein Sigma bei den Kosten schlechter Qualität eine Halbierung möglich ist.
Zusätzlich darf der Kostenblock der Kosten schlechter Qualität in einem Unternehmen mit durchschnittlicher Prozessleistung auf rund 30 % der zugehörigen Prozesskosten geschätzt werden.
Matthias Storch
Geschäftsführer Q-LEARNING
Nach langjähriger leitender Tätigkeit in internationalen Konzernen ist Matthias Storch seit 2003 als Gründer und Geschäftsführer von Q-LEARNING tätig. Er hat sich auf die Wissensvermittlung und Anwendung von Methoden des Innovations- und Qualitätsmanagements spezialisiert. Er ist Autor vielfach ausgezeichneter Lehrgänge und begleitet weltweit die Unternehmensentwicklung von DAX-Konzernen und Mittelständlern.
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