Was ist KANBAN?
29. Apr. 2022 | Matthias Storch | 3 min. | PDF-Version
Insbesondere dann, wenn Prozesse nicht vollständig synchron laufen (können), bedarf es mittels physischer und informativer Hilfsmittel einer gezielten Steuerung – Kanban. Einst aus dem Produktionsumfeld gekommen, ist es heute auch fester Teil im (agilen) Projektmanagement.
Die Karten aus dem Toyota Produktionssystem
„Kanban“ – oder in der wörtlichen Bedeutung „Karte“ – ist eine Methode, die ursprünglich in Produktionssystemen zur Umlaufbestandsregulierung Anwendung findet. Es kommt aus dem 1947 entwickelten Toyota Produktionssystem, welches federführend von Taiichi Ohno vorangetrieben wurde. Es handelt sich dabei um umlaufende Karten mit Produktions- und Mengeninformationen. Damit wird dann zwischen Prozessen oder asynchronen Prozessschritten der Materialbestand reguliert. Ziel ist die permanente Lieferfähigkeit bei minimalem Umlaufbestand.
Damit das Prinzip funktioniert, wird Kanban mit Regeln flankiert. Zum Beispiel darf nur das, was auf dem Kanban vermerkt ist in Stückzahl, Menge und Zeitpunkt produziert werden. Auch soll das Prinzip „Keine Fehler annehmen“, „keine Fehler machen“, „Keine Fehler weitergeben“ praktiziert werden.
Eine „Notlösung“ mit vielen Vorteilen
Übrigens, Taiichi Ohno stufte Kanban als zweitbestes Materialsteuerungssystem ein. Seiner Meinung nach war die vollständige Synchronisierung der Prozesse bzw. der Prozessschritte im Wertstrom die beste Materialsteuerungsmethode. Denn, wenn alles vollständig taktsynchron ist, wird kein Zwischenlager benötigt. Der Umlaufbestand ergibt sich dann aus der Anzahl der Schritte + 1.
Ohno erkannte schnell, dass das Prinzip nur in der Theorie vollständig funktioniert. In der Praxis existieren auch Prozessschritte, die nicht zu synchronisieren sind. Dann ergeben sich zwingend Materialpuffer, die es mit Kanban zu reglementieren gilt. Auch muss in der Praxis über Produktionsrisiken nachgedacht werden, welche die oben genannte, theoretische Perlenkette stören können. Solche Risiken können im Kanban-Prinzip ebenfalls berücksichtigt werden, um Abrisse und Stillstände zu vermeiden. Das bedeutet allerdings, dass die Umlaufbestände in aller Regel erhöht werden müssen.
Kanban in der Produktion
Nicht alle Materialien sind für Kanban geeignet. Nur Materialien mit möglichst konstanter Entnahme und sicherer Entnahmeprognose eignen sich. Auch muss über die Teilekosten nachgedacht werden. Die ABC-Analyse gibt hier Auskunft: „A-Teile“ haben einen hohen Wertanteil, aber geringen Mengenanteil, „B-Teile“ haben einen mittleren Wert- und Mengenanteil, „C-Teile“ haben einen geringen Wert- aber einen hohen Mengenanteil. A-Teile und bedingt B-Teile sind geeignet, mit Kanban reguliert zu werden.
Ein Kanban hat heutzutage viele Gesichter: Neben den traditionellen Kanban-Karten können auch Behälter durch Größe und Anzahl als Kanban dienen. Auch können Regale mit definiertem Lagerplatz oder Transportbänder, welche durch ihre Längen eine definierte Aufnahmekapazität an Material vorhalten können, als Kanban verwendet werden. Auch elektronische Kanban sind denkbar.
Kanban im Projektmanagement
Das Kanban-Prinzip wird aber nicht nur in Produktionsabläufen verwendet. Auch in der Entwicklung bzw. im Projektmanagement wird Kanban angewendet, um Arbeitspakete und deren Erledigung zu steuern bzw. mehrere Pakete zu synchronisieren. Insbesondere im agilen Projektmanagement ist Kanban nicht mehr wegzudenken.
Matthias Storch
Geschäftsführer Q-LEARNING
Nach langjähriger leitender Tätigkeit in internationalen Konzernen ist Matthias Storch seit 2003 als Gründer und Geschäftsführer von Q-LEARNING tätig. Er hat sich auf die Wissensvermittlung und Anwendung von Methoden des Innovations- und Qualitätsmanagements spezialisiert. Er ist Autor vielfach ausgezeichneter Lehrgänge und begleitet weltweit die Unternehmensentwicklung von DAX-Konzernen und Mittelständlern.
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