Gedanken zum Weltqualitätstag
09. Nov. 2023 | Matthias Storch | 3 min. | PDF-Version
Seit 1989 möchte der Weltqualitätstag an die Bedeutung von Qualität erinnern. Aber: Benötigen wir solch einen spezifischen Thementag tatsächlich? Ist es nicht so, dass mit Qualitätsmanagementsystemen wie der ISO 9001 der Qualität genügend Raum, Bedeutung und Präsenz gegeben wird?
Am zweiten Donnerstag im November ist seit 1989 jährlich der „Weltqualitätstag“, der die Bedeutung der Qualität in unserem Leben hervorhebt.
Qualität als reaktives Muss
Tatsache ist, dass Unternehmen Qualität als wesentlichen Treiber für Unternehmenserfolg ansehen. Mangelnde (Produkt-)Qualität birgt die Gefahr von hohen Reklamationskosten und verlorenen Marktchancen. Schon allein deshalb ist Qualität von Bedeutung. Mitunter allerdings wird auf sehr traditionelle Weise über Qualität nachgedacht. Abläufe besitzen am Ende Inspektions- und Kontrollarbeitsplätze und fehlerhafte Produkte werden nachgearbeitet oder entsorgt. Da ist der Gedanke von hohen Kosten zur Sicherstellung der Qualität nicht weit. Denn in dieser Konstellation der reaktiven Qualitätsarbeit werden zuerst Fehler- und Sortierkosten, dann Nacharbeits- und Verschrottungskosten erzeugt. Und diese Kosten und Mühen nur, um die Qualität dem Markt und dem Kunden gegenüber sicherzustellen. Ein systematisch verbessertes Qualitätsniveau kommt dadurch kaum zustande.
30 Prozent mehr Umsatz
Würde von der reaktiven Qualitätsarbeit auf proaktive Sicherstellung der Qualität in den Prozessen umgeschaltet, könnten erhebliche Kosten der nicht erreichten, besser noch, der schlechten Qualität, vermieden werden. Wenn darüber kurz nachgedacht wird: ein lohnendes Unterfangen! Denn allgemein wird postuliert, dass in Durchschnittsunternehmen die Kosten für diese schlechte Qualität bis zu 30 Prozent der Prozesskosten und im Gesamten bis zu 30 Prozent des Umsatzes ausmachen können. Da dieses Geld gleichfalls für Ressourceneinsatz steht, der nicht wertschöpfend, sondern maximal wertreparierend ist, ergeben sich Prozesse, welche diese „Last“ bewältigen müssen. Es entstehen Prozesse, welche sich aufblähen, unübersichtlich und träge werden. Es leidet die Wettbewerbsfähigkeit. Ein Umdenken muss her!
Umdenken!
Um diesen Schritt des Umdenkens zu schaffen, muss sich die Fehlerkultur ändern. Da Kultur als kollektiv angewandte Verhaltensweisen wahrgenommen wird, sind also Verhaltensänderungen notwendig. Dieser Veränderungsprozess, der besser als Entwicklungsschritt der Organisation betrachtet werden sollte, funktioniert umso besser, je mehr Handlungsempfehlungen zur Verfügung stehen.
Wenn Qualität ursächlich in den Prozessen erzeugt (oder auch nicht erzeugt) wird, dann ist es folgerichtig, den Veränderungsprozess in den Prozessen stattfinden zu lassen. Mitarbeiter schließen sich zu Teams zusammen und wenden systematische Vorgehen an, um die Qualität im ersten Anlauf sicherzustellen. Die richtigen Dinge beim ersten Mal richtig und zum richtigen Zeitpunkt zu erledigen steht für proaktive Qualität. Damit wird nichts anderes als ein Höchstmaß an Effektivität (die richtigen Dinge tun) und Effizienz (die Dinge richtig tun) gefordert.
Effektivität mal Effizienz
Ist es folgerichtig, dass sich Qualität aus dem Produkt aus Effektivität und Effizienz ergibt? Was spricht dagegen? Wären in der gesamten Wertschöpfungskette alle Schritte zu 100 Prozent effektiv und effizient, würden in allen Prozessen die richtigen Dinge, zum richtigen Zeitpunkt und beim ersten Mal richtig erledigt. Und das genau steht für 100 Prozent Qualität.
Selbstverständlich haben unterschiedliche Stationen in der Wertschöpfungskette unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen. Aber würde die Marktposition eines neuen Produkts nicht ideal bestimmt, so wäre das bereits der Qualität abträglich. Und so können die Qualitätsanforderungen entlang der Wertschöpfungskette ganz unterschiedliche Aspekte haben.
Systematische und nachhaltige Qualitätsarbeit
Methodische Anleitungen für die Qualitätsarbeit in der gesamten Wertschöpfungskette stehen zur Verfügung. Es steht eine Fülle an Qualitätsmethoden entlang des Markt-, Entwicklungs- und Produktionsprozesses bereit, so z. B. Design for Six Sigma, Six Sigma oder Lean. Das sind gute Leitfäden, um den Veränderungsprozess in Form von Vorgehensweisen zu beschreiben.
Soll das Umdenken systematisch und nachhaltig erfolgen, ist eine systematische und nachhaltige Implementierung solcher Methoden notwendig. Idealerweise werden diese Themen in einem oder mehreren integrierten Managementsystemen verankert.
Wenn es ein Unternehmen nun noch schafft, die Notwendigkeit – z. B. durch die Identifikation von Verbesserungsprojekten – darzustellen und diese mit Projektleitern – am besten aus den eigenen Reihen – zu besetzten, sind die wichtigsten Elemente bedacht. Es fehlen im Grunde nur noch die Wissensvermittlung der Methoden und ein taffes Projektmanagement.
Prozesseigner, welche die Notwendigkeit haben, Prozesse effektiver und effizienter zu gestalten, fordern und fördern Projektleiter mit dem Wissen, dass die Methoden und Projekte die notwendigen Erfolge liefern. In diesem Fall zahlt sich die Unterstützung der Methodentreue doppelt aus: Zum einen haben geschulte Projektleiter die Möglichkeit, das erlernte Wissen auch tatsächlich anzuwenden und zum anderen steigen die Chancen für erfolgreiche Projekte.
Die beschriebenen Vorgehensweisen führen zu schlanken Prozessen, die weniger Fehler generieren. Damit sind sie schneller, transparenter und kostengünstiger und vor allem auch wettbewerbsfähiger. Es ergibt sich der Umstand, dass Qualität ein wesentlicher Treiber, wenn nicht sogar der Treiber für wettbewerbsfähige Prozesse darstellt. Und es kann nicht oft genug daran erinnert werden, dass das Rennen um die ideale Qualität enorme Vorteile im Wettbewerb mit sich bringt. Das war so, ist so, und ist es in Zukunft mindestens genauso.
Fazit: Ein klares JA zum Qualitätstag!
Ob wir also einen Weltqualitätstag als Erinnerer, Raumgeber, Promoter benötigen? Uneingeschränkt JA!
Hintergrund
Ziel des Weltqualitätstags ist es, die Bedeutung des Qualitätsbegriffs hervorzuheben und bewusst zu machen. Er wurde 1989 von der European Organization for Quality (EOQ), der American Society for Quality (ASQ) und der Union of Japanese Scientists and Engineers (JUSE) ins Leben gerufen. Seither steht er jährlich an jedem zweiten Donnerstag im November weltweit in den Kalendern.
Matthias Storch
Geschäftsführer Q-LEARNING
Nach langjähriger leitender Tätigkeit in internationalen Konzernen ist Matthias Storch seit 2003 als Gründer und Geschäftsführer von Q-LEARNING tätig. Er hat sich auf die Wissensvermittlung und Anwendung von Methoden des Innovations- und Qualitätsmanagements spezialisiert. Er ist Autor vielfach ausgezeichneter Lehrgänge und begleitet weltweit die Unternehmensentwicklung von DAX-Konzernen und Mittelständlern.
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